Xiao Zhoutian, der kleine Himmelskreislauf

Xia Zhoutian 小周天 wird oft als 'kleiner Energiekreislauf', 'kleiner Himmelskreislauf', 'kleiner himmlischer Kreislauf' oder auch 'kleiner himmlischer Energiekreislauf' wiedergegeben. Die Bedeutung der einzelnen Zeichen sind folgende:

 

小  xiǎo:  klein; jung; Radikal Nr. 42 = klein
周  zhōu:  Schloss; Umfang Zirkel; Umkreis; Woche; Zyklus, Hertz; kreisen, sich im Kreis bewegen; alle, allgemein, ganz; vollkommen, vollständig
天  tiān:  Tag; Gott; Himmel, Firmament

 

Bei dem kleinen Himmelskreislauf handelt es sich neben dem großen Himmelskreislauf um eine grundlegende QiGong Übung aus der daoistischen Tradition, die bis heute in unterschiedlichsten varianten, in unzähligen Schulen und Richtungen, nicht nur des Daoismus, praktiziert wird. Es handelt sich jedoch nicht um eine Art Anfängerübung, sondern um eine Übung, die den Praktizierenden von Anfang an begleitet und dessen Qualität sich mit der Entwicklung stetig verändert.

 

Das stille QiGong

Der kleine Himmelskreislauf wird dem stillen QiGong dem sogenannten JingGong 静功, einem der beiden Hauptrichtungen des QiGong, zugeordnet. Es kommt mit wenig, bis gar keiner körperlichen Bewegung aus, geht mehr in die Ruhe, Tiefe sowie Stille, und die Übungen werden von der Vorstellungskraft sowie dem Atem Koordiniert. Der Zweite Hauptbereich des QiGong ist das DongGong 动功, das bewegte QiGong. DongGong ist leichter zu erlernen, da keine Geisteskraft erforderlich ist.

 

Im stillen QiGong wird das Qi mit der Vorstellungskraft dem Yi 意 gelenkt. Das Qi folgt dem Yi, aber Achtung, das Yi folgt auch dem Qi, wenn es nicht ausreichend entwickelt ist. Yi hat viele Bedeutungen, in den chinesischen Kampf und Bewegungskünsten wird es ausschließlich in der Bedeutung von Absicht, Intention, Beweggrund verwendet. Es ist eine Fokussierung des Geistes, weshalb es oft als 'Geist' übersetzt wird. Das ist zwar nicht wirklich falsch, aber kann zu Missverständnissen führen, denn das, was wir unter Geist verstehen ist genau genommen 'Shen'. Yi ist eher die Ausrichtung des Geistes auf etwas. Ohne Yi ist das QiGong nichts weiter als eine Form der Gymnastik.

Das Sitzen im stillen QiGong

Das stille Qi Gong wird für gewöhnlich im sitzen ausgeführt, eine Ausnahme ist Zhan Zhuang 站桩, 'stehen wie ein Pfahl', oder auch Standmeditation genannt. Die bevorzugten Sitzpositionen sind der Lotussitz, der Halblotussitz und das Sitzen auf einem Schemel, bzw. Kissen. Im Westen weicht man häufig von diesen Sitzpositionen ab, um die Aufmerksamkeit auf den eigentlichen Teil der Übung zu legen. Der Lotussitz ist auch eine Herausforderung, wenn man ihn denn richtig machen will. Der Vorteil dabei ist, dass sich der Körper besser an seiner Struktur aufrichtet, erfordert jedoch eine entsprechende Flexibilität und Weichheit in den Knien, Becken und Hüfte. Bei häufigem und langem Sitzen im Lotussitz und wenig ausgleichender Bewegung, sowie Dehnübungen führt der Sitz zu Muskelverkürzungen und Körperfehlstellungen. Auch ist er nicht sonderlich gesund, da die Beine zu sehr eingeengt werden, sodass das Qi nicht mehr gut zirkulieren kann. Ich bevorzuge daher auch das sitzen auf einem Hocker oder Stuhl.

Das Qi führen

Ziel im kleinen Himmelskreislauf ist es, im Körper einen Energiekreislauf in Gang zu setzen. Mit Hilfe der Vorstellungskraft, dem Yi, durchläuft das Qi bestimmte "Stationen", die sich auf, oder in unmittelbaren Nähe zweier Leitbahnen befinden. Die Rede ist hier vom sogenannten Lenkergefäß bzw. Gouverneurgefäß auch Du Mai 督脉 genannt, der an der Rückseite des Körpers entlang der Wirbelsäule aufsteigt. Er beginnt am Ende des Steißbeins und verläuft in der Mitte des Rückens über Nacken und den Kopf bis zum Gaumen. Du Mai verbindet alle Yang-Leitbahnen, das Genital und den Kopf. Über diese Leitbahn lassen sich energetische Prozesse des Yang beeinflussen. Das Gegenstück ist das Konzeptionsgefäß bzw. Dienergefäß auch Ren Mai 仁脉 genannt. Es verläuft auf der Vorderseite beginnend mit dem Punkt Huiyin, der sich in der Mitte des Dammes befindet und verläuft auf der Mittellinie des Bauches bis zum Zungenuntergrund. Die Renmai-Leitbahn steht mit allen Yin-Leitbahnen in Verbindung und dient als Ausgleichsreservoir aller stofflichen Energien.

 

Durchläuft das Qi ungehindert diese Stationen bildet sich der kleine Himmelskreislauf. Yin und Yang wird dadurch unter anderem harmonisiert. Er wirkt sich auch auf alle andern Meridiane positiv aus und somit auch auf alle Organe und Körperfunktionen

Der Kreislauf

Auf der linken Seite des Klosters ist der Eingang zur Apotheke, wo sich auch die Ärzte des Klosters aufhalten. Im Hof der Apotheke steht eine kleine Bronzestatue, die einen Mönch im Lotussitz darstellt. Auf dieser Statue sind auf Kopf und Rumpf chinesische Zeichen abgebildet. Dabei handelt es sich um wesentliche Stationen des kleinen Himmelskreislaufs. Die Schriftzeichen sind von links nach rechts zu lesen.

Vorderseite Kopf:

神庭 - shén tíng      - Hof des Geistes (Du24)

鹊桥 -  què qiáo      - Elsternbrücke

 

Vorderseite Rumpf:

重楼 - zhòng lóu    - (zwölf) Etagen/Stockwerke

紫宫 - zǐ gōng          - Purpurner Palast (Ren19)

黃庭 - huáng tíng   - Gelber Hof

气穴 - qìxué              - Punkt des Qi (Ni13)

下丹田 - xià dāntián   - unteres Dantian


Rückseite Kopf:

玉枕] - yù zhěn        - Jadekissen (Bl9)

天柱 - tiān zhù         - Himmelssäule (Bl10)

 

Hinterer Rumpf:

双關 - shuāng guān - Doppeltes Passtor

夹脊 - jiājǐ                    - (華佗 hua tuo) jiājǐ (Ex12)

两腎 - liǎng shèn      - zwei (paarige) Nieren


Der Kreislauf kann im sitzen, stehen oder liegen durchgeführt werden. Das Qi soll auf dem Ren Mai und Du Mai, wie in einem Umlauf hinten aufsteigen und vorne nach unten bewegt werden. Zunächst mit der Vorstellung später auch deutlich spürbar. Auf diesem Weg gibt es verschiede Engpässe, bzw. Energietore, die passiert werden müssen. Sie haben alle eine unterschiedliche Qualität und oft wird empfohlen in die einzelnen Punkte und Bereiche hinein zu fühlen bzw. hinein zu "schmecken". Die Anzahl wie die Auswahl der Tore, bzw. Bereiche variiert von Schule zu Schule.

 

Wichtig ist, dass man sich in einer eher passiven beobachtenden Position befindet, auch wenn das Lenken des Qi durch das Yi ein aktiver Akt ist. Jedoch soll nichts erzwungen werden, denn dadurch beginnt man zu verkrampfen und blockiert sich selbst. Locker bleiben, jedoch nicht schlaff, das gilt für den Körper genauso wie für den Geist. Achtsam sein, gewahr werden, die Qualitäten "schmecken" und nicht anhaften. Der Kreislauf wird dann auch noch mit dem Atem kombiniert. Das Aufsteigen des Qi am Rücken findet dann während des Einatmens statt, und das Absteigen während des Ausatmens.

 

Aber wo beginnt man nun? Auch hier gibt es unterschiede von Schule zu Schule. Da das untere Dantian eine besondere Bedeutung hat empfiehlt es sich dort zu beginnen. es gibt aber auch Schulen, die beispielsweise bei dem Dammpunkt Huiyin anfangen, im Nabel oder auch am Steißbein. Es empfiehlt sich, selbst zu experimentieren und auch darauf zu achten, wo bei einem selbst Blockaden vorhanden sind. Wo verliert man plötzlich den Qi-Fluss, wo kann man ihn nicht wahrnehmen? Mit der Zeit gelingt es einem die Energietore zu einem ungebrochenen Kreislauf zu verbinden. Es gibt auch Schulen, die mit der umgekehrten Richtung arbeiten.

 

Die Zunge gilt es an den Gaumen, genau hinter den Schneidezähnen anzulegen, um den Du Mai mit dem Ren Mai zu verbinden, und dadurch den Kreislauf zu schließen.

 

Das Qi durchläuft die Punkte hui yin - wei lü - liang shen - jiaji - shuang guan - tian zhu - yu zhen - bai hui - Hof des Schlammkügelchens - shen ting - que qiao - zhong lou - zi gong - huang ting - qixue.

Beschreibung der Punkte

Zusätzlich zu den Pukten wie sie auf der Statue abgebildet sind werden hier die drei Punkte 'hui yin', 'weilü' und 'bai hui' besprochen.

 

 

hui yin 會陰:

Ren1. Er befindet sich am untersten punkt des Rumpfes zwischen Geschlechtsteil und Anus. Hui yin ist der Yin-Punkt und auch das Yin-Zentrum des Körpers. Er wird auch oft als der Meeresgrund bezeichnet.

Nährt das Yin. Lindert und öffnet den Geist (shen)

 

wei lü:

Befindet sich am unteren Ende des Steißbeines. Er wird auch oft mit changqiang Du1 gleichgesetzt. Wei lü beeinflusst den ganzen unteren Rücken. Dieses "Schwarze Tor" ist eines der schwer zu öffnenden Tore.

 

liang shen:

Zwei (paarige) Nieren. Hier dürfe es sich um den Mingmen (Du4), dem Tor des Lebens handeln. Mingmen ist ein Tor (men) an dem sich die ursprüngliche Vitalität des Menschen verankert. Dieses Tor wird auch als der dynamische Aspekt des unteren dantian bezeichnet. Er befindet sich in etwa gegenüber des Nabels.

Kräftigt das Yang der Niere, das Yuan-Qi, klärt den Geist (shen).

 

jiaji:

Huatuojiaji Ex12. Liegt an der Wirbelsäule, etwas links und rechts des Du Mai, auf höhe der Schulterblattspitzen. Es ist eines der schwer zu öffnenden Tore.

Reguliert den Rücken und shu-Punkte mit den dazugehörigen Organen.

 

shuang guan:

Dabei dürfte es sich um dà zhuī 大椎 Du14 handeln, ein Punkt, der in starker Verbindung zu den Nieren steht. Er befindet sich unterhalb des 7. Lendenwirbels (C7), der stark hervorsteht.

Reguliert Yin Qi und Wei Qi, klärt den Geist, stärkt das Yang, verbindet das Qi mit allen Yang-Leitbahnen und kräftigt den Funktionskreis Niere.

 

tian zhu: 

Bl 10. Die beiden Muskelstränge des Trapeziusmuskels, der vom Hinterkopf und der Hals- und Brustwirbelsäule zur Schulter verlaufen, sind meist deutlich sichtbar. Sie werden mit Säulen verglichen, die den Kopf (Himmel) tragen. Die Punkte sind jeweils rechts und links des zentral verlaufenden Du Mai auf der Höhe zwischen dem ersten (Atlas C1) und zweiten Halswirbel (Axis C2).Der Qi-Fluss soll zwischen diesen "Säulen" auf dem Du Mai durchgeführt werden. Die "Säulen" werden dabei deutlich wahrgenommen.

Lindert das Yang der Leber. Öffnet den Geist (shen). Klärt das Gehirn.

 

yu zhen:

Bl 9. Am Hinterkopf oberhalb von tian zhu (Bl10). Der Qi-FLuss soll hier, auf dem Du Mai laufend, durchgeführt werden.

Lindert das Yang der Leber. Öffnet den Geist (shen). Erleuchtet die Augen.

 

bai hui:

Energiezentrum der 'hundertfachen Vereinigung' und 'himmlische Pforte'. Scheitelpunkt des Kopfes, an dem der imaginäre Seidenfaden ansetzt.

Kontrolliert das Yang der Leber. Erhöht das Yang. Ist wohltuend für das Gehirn und die Sinne. Erhebt das Gehirn (shen). Stellt Bewusstsein wieder her.

 

shen ting:

Du24. Befindet sich am oberen Rand der Stirn am Haaransatz.

Beruhigt und öffnet den Geist (shen). Erhellt die Augen.

 

que qiao:

Die Elsternbrücke die durch die Zunge geschaffen wird und bezeichnet die Verbindung zwischen Du Mai/Lenkergefäß und Ren Mai/Konzeptionsgefäß.

 

zhong lou:

Die (12) Etagen/Stockwerke stehen für die Luftröhre. In diesem Bereich geht bei vielen der Qi-Fluss "verloren".

 

zi gong:

Ren19. Liegt auf dem Brustbein.

Bewegt das Qi in der Brust.

 

huang ting:

Der Gelbe Hof befindet sich zwischen dem unteren Ende des Brustbeines und dem Nabel, innerhalb des Körper. Hier vereinigen sich Feuer-Qi und Wasser-Qi. Aus dieser Vereinigung entsteht auch das goldene Elixier.

 

qixue:

Ni13. Auf höhe von Ren4, vier Fingerbreit bzw. drei Daumenbreit unterhalb des Nabels und eine halbe Daumenbreite links und rechts davon.

Bewegt Qi und Blut. Regt die Niere und Essenz an.


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