Kotau - Geste des Respekts oder der Unterwerfung?

Der Begriff Kotau leitet sich von chinesisch Ketou 磕頭 ab, was übersetzt soviel wie "mit dem Kopf auf den Boden schlagen" bedeutet, und ist seit der Song-Dynastie (960-1279) in Verwendung. Davor war seit der Han-Dynastie (206 v.Chr. - 220 n.Chr) die Bezeichnung koutou 叩頭 in Gebrauch.

 

Der Kotau war fester Bestandteil des chinesischen Lebens. Rangniedere hatten ihn vor den Ranghöheren zu vollziehen, aber auch Kinder vor ihren Eltern, die Nachfahren vor ihren Vorfahren, wenn sie diese am Grab besuchten, der Mensch vor Gott oder den Göttern und selbst der Kaiser hatte sich niederzuwerfen vor "dem Herrn des Himmels" und auch vor seiner Mutter. Er wurde Teil des Konfuzianistischen Gesellschaftsbildes, indem man seine Eltern, zu respektieren und zu Ehren hatte, genauso wie sämtliche Vorfahren und Ranghöhere.

 

Er stellte ursprünglich eine Verbeugung dar. In alter Zeit saßen die Leute noch am Boden, und um jemandem die Ehre zu erweisen beugte man sich nach vorne und berührte mit der Stirn den Boden. Erst mit der Zeit wurde daraus, unterstützt durch die Veränderten Lebensumstände und den Konfuzianismus, eine Geste der Unterwerfung. So wurde es seit der Ming-Dynastie (1368-1644) brauch, drei mal vor dem Kaiser den Kotau zu vollziehen, und bei jedem mal drei mal mit dem Kopf den Boden zu berühren.

 

Europäische Gesandte hatten oft Probleme, den Kotau vor dem Kaiser zu begehen, sie empfanden es, obwohl es fester Bestandteil des Hofzeremoniells war, als eine vollkommene Unterwerfungsgeste. Denn in der späteren Kaiserzeit wurde der Kotau eines politischen Gesandten vor dem Kaiser häufig mit einer Unterordnung und Unterwerfung des ganzen Landes unter den chinesischen Kaiser, seiner Gnade und Gewalt gleichgesetzt.

 

Als Ende des 18 Jh. die Britische Wirtschaft expandieren wollte, gleichzeitig aber der Absatz in China zurückging hatte die Gesandtschaft Lord Macartneys (1792) das Ziel einen größeren chinesischen Absatzmarkt zu erschließen. Die Gesandtschaft weigerte sich den Kotau zu vollziehen, wodurch sie scheiterte. Es gelang weder einen ganzjährig benutzbaren britischen Handelsstützpunkt in Nord- oder Zentralchina zu errichten, noch wurden die Förderungen der Britischen Exporte in Erwägung gezogen. Spätere Gesandtschaften wie der Russischen (1805/06) oder einer weiteren Britischen (1816) wurden gar nicht zum Kaiser vorgelassen, da sie sich weigerten den Kotau zu machen.

 

Das Problem, das die Europäer hatten war, dass ihnen fähige Berater fehlten, die sich mit den chinesischen Eigenheiten auskannten. Während frühere Gesandtschaften, meist aus Portugal, noch auf die Beratung der zahlreich am chinesischen Hof befindlichen Jesuiten zurückgreifen konnten, waren die späteren Gesandtschaften durch das Jesuitenverbot (1773-1814) seit 1773 auf sich alleine gestellt. Auch die Portugiesen zögerten beim Kotau, denn er erinnerte sie zu sehr an die Postratio in der Katholischen Kirche. Unter Postratio versteht man das ausgestreckte Sich-Niederwerfen vor Gott als Zeichen der Demut, Hingabe und flehenden Bitte, die in der heutigen Zeit eher selten geworden ist, jedoch zum Beispiel bei der Priesterweihe fester Bestandteil ist. Doch durch die Beratung der Jesuiten ließen sie sich umstimmen.

 

Als der Buddhismus nach China kam, löste es im 4. Jh. eine heftige interne Diskussion darüber aus, ob ein Buddhistischer Mönch einen Kotau durchführen soll. Letztlich kam man zu dem Schluss, dass man sich nicht vor dem Menschen niederwirft, sondern vor der Buddhanatur die jedem Menschen innewohnt.

 

Im Gegensatz zum Buddhismus lehnte man im Daoismus jeglichen Kompromiss den Kotau betreffend ab, weshalb Daoisten auch keinen Kotau vollziehen. Teilweise sickerte im religiös orientierten Daoismus die Konfuzianistische Gesellschaftsregeln ein, sodass hier vor Göttern der Kotau vollzogen wird. Wobei diese Praktik nicht ganz unproblematisch ist, da es sich bei den Daoistischen Göttern nicht um Götter im westlichen Verständnis handelt, sondern um Menschen, die die Unsterblichkeit erreicht haben.

 

Der große Daoistische Gelehrte Qiu Chuji 丘處機 (1148-1227), auch als Changchun 长春 bekannt, war der fünfte Patriarch des Quanzhen-Daoismus 全真道 (eine der vier großen Daoistischen Richtungen), Begründer der Drachentor Schule und ein weitgereister Mönch. Er wurde im Jahr 1222 in das Lager Dschingis Kahns gerufen, beide hielten sich zu dieser Zeit in Afghanistan auf. Als Qiu Chuji dem Kahn gegenüberstand erinnerte er ihn an den chinesischen Brauch, dass ein daoistischer Meister vom Kotau freizustellen sei. Dschingis Kahn gab der bitte Qiu Chuji statt, und erlaubte ihm stehend seine Aufwartung zu machen.

Wie wird der Kotau durchgeführt?

Der Kotau wird durchgeführt, indem man sich nach vorne beugt und sich mit der rechten Hand abstützt. Im Uhrzeigersinn gehend setzt man nacheinander mit dem rechten Knie, dem linken Knie, dem linken Unterarm und dem rechten Unterarm auf. Zuletzt berührt man mit der Stirn den Boden. Es gibt varianten, in denen man noch die Handflächen nach oben dreht und/oder die Füße kreuzt.

 

Beim Aufstehen geht man in umgekehrter Reihenfolge vor. Sollte man die Handflächen nach oben gedreht haben dreht man sie nun wieder zurück, löst den rechten Unterarm und platziert die rechte Hand unter dem Brustkorb um sich abzustützen. Nacheinander löst man gegen den Uhrzeigersinn den linken Unterarm, linkes Knie, rechtes Knie vom Boden und steht dabei auf.

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